Vom Puzzle zur Power: Wie wird aus einem bunten Haufen ein unschlagbares Team?
In meinem vorangegangenen Blog ging es bereits darum, wie aus wirrem Chaos im Team ein echtes wir werden kann. Doch was ist, wenn es noch nicht einmal ein Team gibt, sondern nur einen bunten Haufen an individuellen Puzzleteilen? Genau darüber möchte ich heute schreiben und Ihnen zeigen, wie die Mitarbeitenden enger zusammenwachsen und zu einem Team werden. Zudem gibt es für Sie als Führungsperson eine erste Anleitung dazu.
Wenn ich in Unternehmen komme, die den Wunsch haben, dass sich die Teamarbeit verbessert, wird mir oft gesagt, dass es überhaupt kein Team ist, sondern nur ein bunter Haufen. Dieser liegt fachlich dann auch noch so weit auseinander, dass die Führungsperson nicht weiß, wie sie die einzelnen „Puzzleteile“ zusammenfügen und Veränderungen voranbringen kann. Zudem kann im Ernstfall keiner den anderen vertreten, das Team erstickt in Aufgaben und niemand hat so recht einen Plan, wie das alles weitergehen soll. Eine ganze Palette an Herausforderungen, die sich nur gemeinsam im Team lösen lassen.
Wer hat schon Zeit dafür?
Die Erwartungen, wenn es um Teams und deren Leistung geht, sind oft hoch. Unternehmen und Führungspersonen wünschen sich High Performance Teams, die außergewöhnliche Leistungen erbringen und exzellente Ergebnisse liefern – und am besten verstehen sich die Teammitglieder untereinander menschlich ebenfalls perfekt. Was allerdings die wenigsten bedenken, ist, dass dies alles andere als selbstverständlich ist. Vor allem Führungspersönlichkeiten müssen sich die Zeit nehmen, die Menschen zu einem wirklichen Team zu formen: Wie bei einem Puzzle mag dies manchmal einfacher oder kniffliger sein. Damit ein Team sein Potenzial voll ausschöpfen kann, ist es enorm wichtig, dass sich Führungspersonen mit den Mitarbeitenden und ihren Wünschen, Bedürfnissen und Zielen befassen.
Unterstütze ich Führungspersonen bei diesem Vorhaben, ist ein gemeinsames erstes Ziel häufig, dass das Team wieder anfängt, mehr miteinander zu reden und zu arbeiten. Es geht darum, einander bei der Arbeit kennenzulernen, indem unterschiedliche Themen behandelt werden, z. B. der Anforderungsprozess, die Transparenz der Aufgabenbearbeitung oder das Liefern der Produkte zu verbessern. Lerne ich die Teams in unserer Zusammenarbeit näher kennen, fällt mir auf, dass diese oft aus unterschiedlichen Individuen mit viel Kompetenz und Fach-Know-how bestehen. Allerdings kümmert sich jeder um sein Fachgebiet – es gibt keine Einheit, sondern nur einzelne Teile. Manche der Einzelkämpfer schätzen diese Art der Arbeit, da sie es teilweise gar nicht anders kennen und schon immer so gearbeitet haben. Und dann gibt es noch die Teammitglieder, die sich wenig unterstützt fühlen und gerade beim hybriden Arbeiten oder im Homeoffice den Austausch und das Wir-Gefühl vermissen. Dies alles gilt es nun zusammenzubringen.
Schluss mit Silodenken – hinein in die Zusammenarbeit
Wie ausgeprägt das Silodenken ist, zeigt sich meist bei einem Blick auf die Terminstruktur im Team. Es gibt zum Beispiel Teams, die alle ein bis zwei Wochen Meetings halten, bei denen wirklich alle aus dem Team anwesend sind. Die Teamleiter argumentieren dann, warum man sich überhaupt mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachgebieten öfter treffen sollte. Eine berechtigte Frage. Diese Struktur für Termine ist angemessen, wenn das Ziel darin besteht, Aufgaben abzuarbeiten und so wenig Veränderungen wie möglich zuzulassen. Wer sich innerhalb der Komfortzone bewegen möchte, sollte daran festhalten. Ist das Ziel allerdings, sich breiter aufzustellen, effizienter miteinander zu arbeiten und Anpassungen bzw. Veränderungen als Bestandteil des Alltags zu etablieren, ist meine klare Empfehlung, das Silodenken aufzulösen und die Terminstruktur neu zu denken. Ein echtes Team besteht aus Menschen, die gemeinsam in eine Richtung gehen und die Aufgabe gemeinschaftlich lösen. Und dafür braucht es regelmäßig Kontakt.
In einem echten Team:
- Hat jeder seine Fachkompetenz,
- es gibt Vertretungsmöglichkeiten und
- das Team lernt aus eigenen Fehlern, um ihre Zukunft effizienter zu gestalten.
Im Folgenden zeige ich Ihnen, wie ich vorgehe, wenn ich auf einen bunten Haufen treffe, der zu einem echten Team werden soll. Dafür nutze ich die folgenden Schritte, die ich auch jedem Teamleiter empfehle.
Das Team und seine Meinung kennenlernen
Teams sind nichts anderes als komplexe Systeme. Komme ich in ein solches, frage ich jeden einzelnen nach seiner Sichtweise auf dieses System. Worin sieht er oder sie die Stärken, wo die Blockaden? Was hindert sie am Arbeiten? Wie geht jeder einzelne mit dem neuen Ziel um und welche Ansatzpunkte dazu gibt es bereits? Was muss ihrer Meinung nach am dringendsten verändert werden? Die Ergebnisse aus diesen Fragen liefern wertvolle Erkenntnisse.
Was muss verändert werden und durch wen?
Das ist der erste Fokus im Team. Doch welche Rolle spielt die Teamleitung dabei, was kann sie unternehmen und was liegt im Einflussbereich des Teams? Hierbei geht es darum, dass die Teamleitung gemeinsam mit dem Team den Veränderungsprozess selbst in die Hand nimmt und gemeinsam erarbeitet wird, wer wofür zuständig ist bzw. sein möchte. Wichtig ist, dass beide Parteien (Team und Teamleitung) an den wichtigsten Veränderungen arbeiten, damit der Alltag verbessert wird. Oberstes Ziel ist, kleine Maßnahmen umzusetzen, die die Arbeit nur wenig behindern und doch größere Erleichterung schaffen. Werden jetzt schnelle Erfolge erzielt, zieht dies weitere Veränderungen nach sich, da das Team Geschmack daran gefunden hat.
Aus meinen Gesprächen mit den Teammitgliedern lassen sich ebenfalls Schmerzpunkte offenlegen. Die Blockaden, die das Team daran hindern, wirksam zu sein, kommen teilweise das erste Mal zur Sprache und werden damit endlich sichtbar. Sie sind meine Wegweiser für Empfehlungen: Was für Terminformate oder Methoden könnten unterstützen, die Blockaden zu reduzieren bzw. aufzuheben? Daraus ergibt sich eine neue Terminstruktur für das gesamte Team und somit eine Erhöhung des Kontaktes.
Die Implementierungsphase
Zunächst gibt es ein Auftaktmeeting: Dem Team wird noch einmal geschildert, warum eine Veränderung gewünscht bzw. notwendig ist. Hier geht es in erster Linie um das Warum. Gemeinsam wird der Sinn des Teams, die Aufgabe und Richtung erarbeitet. Im Anschluss erfolgt die Präsentation der neuen Terminstruktur mit den Erklärungen der einzelnen Termine.
Die Meinungen, Wünsche und Bedenken der Teammitglieder werden ebenfalls abgefragt und eingebunden. Im Team soll sich die Haltung entwickeln, dass jeder ein wichtiges Puzzleteil ist, wenn es um die kontinuierliche Anpassung der Arbeitsweise, der eigenen Prozesse und der Zusammenarbeit geht.
Danach folgt die konkrete Vorbereitung für die Termine:
- Was muss das Team alles wissen?
- Welche Rolle nimmt wer ein? Es werden ein Moderator, Timekeeper und jemand, der darauf achtet, dass keine unnötigen Diskussionen entstehen, bestimmt.
- Und was muss für die jeweiligen Termine kontinuierlich vorbereitet werden? Wer hat also welchen Hut auf?
Gegenseitige Vertretungen festlegen
Die Herausforderung in Teams ist häufig, dass bei jedem so viele Aufgaben liegen und neue hinzukommen, dass die Teammitglieder gar nicht wissen, wann sie den anderen noch etwas über ihren Verantwortungsbereich beibringen sollen. Es gilt also, zu definieren, welche Aufgaben aus welchen Bereichen vertreten werden sollen. Auch hier kann festgelegt werden, wer Interesse daran hat, etwas Neues zu lernen, um eine Vertretungsrolle einzunehmen. Wichtig hierbei ist, jeden einzubinden, damit sich keiner übergangen fühlt oder Aufgaben übernehmen muss, die er gar nicht möchte.
Für Freiraum sorgen
Ein schönes Hilfsmittel für mehr Freiraum im Team ist die 80/20 Regel. 80 % der Zeit nutzen die Teams für ihre Alltagsaufgaben und 20 % für die Weiterbildung, sprich für das Erlernen neuer Fähigkeiten, um jemand anderen zu vertreten. Damit die Umsetzung dieser Regel gelingt, ist vorwiegend der Teamleiter gefordert, nach außen „Grenzen zu setzen“, denn das Team wird zunächst langsamer und kann nicht mehr so viele Aufgaben aufnehmen wie bisher. Dies muss im Unternehmen klar kommuniziert werden, was die Kompetenz „nein zu sagen“ und Prioritäten mit den Stakeholdern zu setzen, bei Führungspersonen voraussetzt. Auf der anderen Seite müssen die Teammitglieder auch die Sicherheit erhalten, dass es in Ordnung, ja sogar gewünscht ist, sich mit Themen zu befassen, die zunächst keinen direkten Kundennutzen haben. Wichtig bei diesem Schritt ist, sich regelmäßig zusammenzusetzen, und zu besprechen, wie die 20 % genutzt wurden, was alles erlernt wurde und was sich dadurch im Alltag bereits verändert hat. Dieser Termin sollte zu einem festen Bestandteil der teaminternen Terminstruktur werden und auch dazu dienen, Erfolge zu feiern.
Durch:
- das Auflösen von Silodenken,
- eine neue Terminstruktur,
- das Ermitteln von nötigen Veränderungen und deren Implementierung sowie
- mehr Freiräumen für die Weiterbildung, damit die Vertretung gesichert ist,
wird aus einem bunten Haufen an Puzzleteilen ein zunehmend starkes Team. Wenn Sie auf diesem Weg einen Sparringspartner brauchen, der Sie darin unterstützt, dann vereinbaren Sie einen persönlichen Termin mit mir oder schreiben Sie eine Nachricht auf LinkedIn.